Athletes on Air – Die Juniorenweltmeister Gabriel Odor, Bastian und Lisa Schulte, Juri Gatt und Riccardo Schöpf

Weil ihr von ähnlichen Erfahrungen und Zielen erzählen könnt, haben wir euch gemeinsam zum Interview gebeten. Junioren-Weltmeistertitel und Vize-Weltmeistertitel – mit welchen Empfindungen schaut ihr auf diese Erfolg zurück?

Gabriel Odor (Eisschnellläufer): Die Goldmedaille bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Baselga di Pine in Italien war mein größter Erfolg bisher und ich glaube ich kann für uns alle sprechen: auf dieses Ziel habe ich, haben wir alle, sehr lange hingearbeitet seit unserem zehnten oder elften Lebensjahr. Dieses Ziel zu erreichen fühlt sich gut an, es ist eine Bestätigung, wenn man so einen Titel erreicht. Natürlich ist es ein kleiner Schritt in die Richtung, in die man hin möchte, aber es ist schon sehr bedeutsam.

Bastian Schulte (Kunstbahnrodeln): Wir haben uns von klein auf immer weiter vorgearbeitet bis in die Jugend A-Klasse über die Juniorenklasse bevor es zu den Erwachsenen ging und bemerkt, dass wir uns von Jahr zu Jahr verbessern, wenn es dann für den Weltmeistertitel oder wie in meinem Fall den Vize-Weltmeistertitel zuletzt bei der Heim-WM in Igls reicht, ist das eine Bestätigung, dass du gut trainiert hast und deine Ziele erreichen kannst.

Juri Gatt (Kunstbahnrodeln): Für Riccardo (Anm.: Schöpf) und mich hat es im Doppel in Igls leider nicht gereicht, um vorne mitzufahren, aber im Team haben wir unerwartet Gold geholt. Speziell im Team waren diese Momente extrem emotional, weil wir diesen Erfolg gemeinsam geschafft haben.
Riccardo Schöpf (Kunstbahnrodeln): Ich schließe mich dem an, es war extrem unerwartet für uns, weil wir noch nicht so lange im Doppel fahren und die Lisa und der Basti schon einen extrem guten Lauf hatten. Als uns im Ziel alle mit Jubel empfange haben, war das ein sehr berührender Moment.

Warst du auf aufgeregt vor dem Start und wie geht man mit diesem Nervenflattern um?Lisa Schulte (Kunstbahnrodeln): Nervosität vor dem Start ist etwas ganz normales und ich persönlich brauche das auch, wenn ich gut fahren will. Aber es legt sich, sobald man ins Fahren kommt.

Gabriel: Nervosität ist bei mit auch immer dabei, auch als ich beim Massenstart stand, obwohl ich vorher 1.000 und 1.500 Meter gelaufen bin. Bei den 1.500 Metern wurde ich Fünfter, sehr knapp hinter dem 4. Platz, und ich war etwas enttäuscht und habe mich versucht auf den abschließenden Bewerb zu konzentrieren. Sobald der Startschuss fiel, war die Nervosität wie weggeblasen und du konzentrierst dich nur mehr auf das Rennen.
Juri: An der Schule und im Training bereitet man sich immer wieder durch mentales Training auf diese Situationen vor, man studiert auch Videos und geht das Rennen im Kopf nochmals durch und visualisiert was man verbessern könnte. Das hilft für den nächsten Bewerb.

Auf politischer Ebene wird vielfach diskutiert, dass und wie Kinder in jungen Jahren möglichst viele Sportarten kennen lernen sollen. Wie hast du deine Sportart entdeckt?

Gabriel: Ich habe vorher Eishockey gespielt und mein Bruder war Eisschnellläufer. Unsere Mama hatte die Idee, ich könnte mal zum Training mitkommen, um mein Eishockeyspiel zu verbessern. Es hat mir gleich viel Spaß gemacht dort und ich konnte es gut. Mit der Trainingsgruppe habe ich mich auf Anhieb gut verstanden, es sind Freundschaften entstanden und Zusammenhalt, deswegen bin ich geblieben und nicht mehr zum Eishockey zurückgekehrt.
Lisa: Wir haben einen ähnlichen Weg hinter uns, weil wir Geschwister sind. In der Volksschule haben Freunde uns angesprochen, ob wir beim Kunstbahnrodeln mitmachen wollen und das erste Training hat uns gleich gut gefallen.
Bastian: Das Gefühl eine Bahn runterzufahren und zu wissen du kommst da jetzt nicht mehr raus war schon sehr faszinierend. Mit der Zeit kommst du auf eine höhere Startlinie, es wird immer schneller, und immer noch faszinierender.

Gab es Vorbilder aus dem Spitzensport, an denen du dich orientiert hast?

Gabriel: Wir brauchen einerseits Vorbilder aus den eigenen Reihen, wie zum Beispiel einen erfolgreichen Trainingskollegen und andererseits Persönlichkeiten oder einen Top-Star von dem man sich etwas abschauen kann. Von meinen Teamkollegen kann ich Zielstrebigkeit und wie sie ihre Pläne umsetzen abschauen. Der Holländer Sven Kramer beeindruckt mich sehr durch seine Routine und wie er in die Rennen geht. Beim Eisschnelllauf kommt man vielfach mit den Profis ins Gespräch, weil man zusammen trainiert. Man spricht dann über Technik und Material. Claudia Pechstein erzählte von ihren Rennen, die sie gewonnen hat, als ich noch nicht einmal auf der Welt war.
Juri: Wir sind auch beim Rodeln auf einer persönlichen Ebene. Jeder gibt dem Anderen etwas, die Jüngeren können von den Erwachsenen lernen. Hierarchien sehe ich bei uns keine.

Nimmst du dich selber als Vorbilder wahr?

Bastian: Früher als wir die Jüngsten waren haben wir hochgeschaut zu den Älteren, aber die haben das glaube ich gar nicht so mitgekriegt. Von mir kann ich sagen, dass ich auch nicht mitkriege, ob jemand zu uns hochschaut. Natürlich haben uns bei der Heim-WM viele zugejubelt aber es kam niemand auf uns zu, um um ein Autogramm zu bitten.
Gabriel: Der Trainer weist uns schon daraufhin, dass wir darauf achten sollen, welche Wörter wir verwenden und wie wir uns anderen gegenüber verhalten, weil wir für die jüngeren Vorbilder sind. Mir war das bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht so bewusst.
Lisa: Im Jugend-A-Bereich sind wir viele Mädels und im Winter viel gemeinsam unterwegs, die Jüngeren kommen dann schon zu uns und fragen nach. Man merkt, dass sie ein bisschen nach oben schauen aber es ist eine freundschaftliche Atmosphäre.

Verletzungen, der Wechsel in die Erwachsenen-Klasse oder eine neue Ausrichtung – habt ihr dabei auch Rückschläge erlebt?

Bastian: Meine Leistungen waren kontinuierlich gut bis eine Schulterverletzung kam, die mich ein bisschen aus der Bahn geworfen hat aber ich bin relativ schnell wieder zurückgekommen und habe gesehen das macht die Rodelerfahrung wieder gut.
Lisa: Ich konnte mich auch von Jahr zu Jahr steigern, bis ich in diesem Jahr die ersten Einsätze bei den Erwachsenen hatte. Es stellten sich dann nicht mehr gleich so viele Erfolge ein, weil man sich erst einmal hinarbeiten muss. Aber man merkt, dass jedes Jahr was weiter geht und auch wenn es nur kleine Schritte sind, geht es bergauf.
Riccardo: Mit sechs Jahren haben mich mein Papa und der Opa zum ersten Mal auf die Naturbahn gesetzt und ich bin bis ca. 14 Jahren gerodelt. Dann konnte ich im Sommer ein Schnuppertraining in Igls mitmachen und war sofort von der Geschwindigkeit und den Fliehkräften begeistert. Auf der Naturbahn war ich erfolgreich, nach dem Wechsel auf die Kunstbahn musste ich erstmals verkraften, dass ich gleich zwei Sekunden hinten lag. Das hat meinem Ego einen Dämpfer gegeben, bis ich so weit war um mich mit der Materie auseinanderzusetzen.
Bastian: Dazu muss man wissen, dass es beim Wechseln von der Jugend A in die Junioren-Klasse unterschiedliche Starthöhen gibt, von 13 bis 16 Jahre und von 16 bis 19/20, ab dem Umstieg sind nicht so große Erfolge zu erwarten. Die Anderen sind da schon entsprechend weiter und du bist wieder der Jüngst im Team und davor warst du der Älteste. Man entscheidet mit dem Trainer wann der richtige Zeitpunkt für den Umstieg auf die nächsthöhere Starthöhe ist, oder ob man noch in  unteren bleibt, um Erfahrung zu sammeln.

Welche Rahmenbedingungen brauchen junge Menschen auf dem Weg zum Profisportler?

Gabriel: Es braucht einen guten Trainer, der Erfahrung hat und vielleicht auch schon bei den olympischen Spielen dabei war und dir den Weg zur Spitze zeigen kann. Natürlich lernt man hart zu trainieren, aber bei all dem Training den Spaß daran nicht zu verlieren ist ebenfalls wichtig. Passt die Mischung, kann man ein erfolgreicher Sportler werden.

Bastian: Es ist wichtig neben dem Sport auch noch ein Leben zu führen. Wenn man sich immer wieder vor Augen führt, dass man das nicht tun muss, sondern es einige freiwillige Entscheidung ist, bleibt der Spaß vielleicht noch länger erhalten. Ohne Spaß kommt auch der Erfolg nicht. Weil wir auch wissen, dass wir nie damit viel Geld verdienen können werden, muss das was wir tun Spaß machen. Für mich ist es das Wissen, dass eine immer größere Geschwindigkeit möglich ist.
Juri: Wenn man das liebt, was man tut, hilft das auch durch schwere Zeiten. Ein gutes Team und größere und kleinere Ziele, die man sich setzt und dann erreicht, nähren.
Lisa: Es muss alles zusammenpassen, auch im Team, weil sonst bist du auch nicht als einzelner Sportler erfolgreich. Das ist dann auch für den Trainer eine schöne Bestätigung.

Was möchtest du dem Nachwuchs mit auf den Weg geben?

Bastian: Dran bleiben, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Man wächst ja auch unterschiedlich von Jahr zu Jahr.
Juri: Den Spaß behalten und nicht zu verbissen arbeiten.
Riccardo: Genießen und Erfahrungen sammeln. Der Ernst kommt dann früh genug mit der Frage, ob man es ins Nationalteam schaffen kann.

Vielen Dank für das Gespräch!